Dienstag, 24. Juli 2007

Kameramänner sind Auge und Ohr der Zuschauer

HeikoRichter.

Interview mit Heiko Richter von „Hit-TV.eu“ - http://hit-tv.eu - Portal für Internetfernsehen aus Zwickau in Sachsen

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Frage: Herr Richter, Sie sind der „geistige Vater“ von Hit-TV.eu“, des erfolgreichen Portals für Internetfernsehen, sowie Produzent und Kameramann, also sozusagen ein Multitalent. Wie kamen sie zu den Traumberufen Produzent und Kameramann?

Antwort: Direkt, aber auch auf Umwegen. Bereits in der 2. Klasse in der Schule habe ich von meiner Mutter meinen ersten Fotoapparat bekommen. Seit dieser Zeit lässt mich das Thema "Bilder machen" nicht mehr los und es begleitete mich mein ganzes Leben. Als älterer Schüler griff ich das erste Mal zu einer 8mm Kamera, das war meine erste Berührung mit Bewegtbild. Leider waren die Bedingungen vor der Wende in der DDR nicht so optimal, so dass ich fotografieren nur hobbymäßig betrieb. Ich hatte jedoch auch mein eigenes kleines Labor, indem ich sogar Farbaufnahmen entwickelte. Heute ist das kein Problem, aber in der DDR gab es Farbfotopapier nur unter dem Ladentisch und Chemikalien nur einmal im Jahr. Die Entwicklung erfolgte dann in fünf Bädern, wo die Temperatur konstant gehalten werde musste.
Nach 1989 änderte sich alles und ich konnte mir erstmals eine hochwertige S-VHS Kamera zulegen. Mitte der 90-er Jahre kam ich dann zu einem neugegründeten Lokalsender in Chemnitz. Als dieser den Betrieb einstellte, sah ich mich um und machte ein mehrwöchiges Praktikum beim MDR. Mit diesem Wissen hatte ich dann meine ersten Jobs als freier Kameramann und Cutter und arbeitete für verschiedene Auftraggeber. 1998 war es dann so weit. Ich kaufte mir meine erste Fernsehkamera und von da an lieferte ich für nahezu alle großen deutschen Fernsehstationen Material vor allem im Nachrichten- und Boulevard-Bereich. Inzwischen hatte ich, damals in Chemnitz, ein Team gebildet und wir wagten uns an unsere erste 30 Minuten- Produktion - "Boulevard Chemnitz".
Daraus entwickelte sich das Format "Boulevard Canaris", eine Sendung die wir auf Gran Canaria produzierten und die damals auf dem Sat Kanal „TV-Lastminute.de" europaweit ausgestrahlt wurde. Leider wurde der Sender verkauft und der Sendeplatz für unsere Sendung gestrichen. So sind wir wieder zurück nach Deutschland gekommen und seit zwei Jahren in Zwickau ansässig. Von hier aus produzieren wir für viele kleine und große Sender, beliefern Zeitungen mit Bildern und natürlich betreiben wir unser jüngstes Baby Hit-TV.eu – http://hit-tv.eu

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Frage: Laien haben vermutlich meistens keine klare Vorstellung über das Berufsbild eines Produzenten. Was ist Ihre wichtigste Aufgabe?

Antwort: Nun, ich bin kein klassisch ausgebildeter Produzent, sondern ich bin in diesen Job hineingewachsen. Der Produzent hat aus meiner Sicht, egal ob bei kleineren oder größeren Produktionen, die Aufgabe, alle Fäden in der Hand zu halten. Er ist der zentrale Ansprechpartner in allen Fragen und er trägt auch die Verantwortung und verwaltet das Budget. Je höher dies ist, desto mehr Fachpersonal kann man für eine Produktion "einkaufen". Das macht es auch so schwierig, eine Produktion zu kalkulieren. Man kann 30 Sekunden für Millionen von Euro produzieren (wie z. B. einen Werbespot) oder 30 Minuten für 1000 Euro (das sieht dann aber auch entsprechend einfach aus). Eine Produktion ist wie ein Puzzle. Da gibt es auch welche mit 30 Teilen oder welche mit 5000 Teilen. Je mehr Teile, so hochwertiger das Puzzle oder in unserem Fall die Produktion.

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Frage: Sicherlich würden viele junge Leute gerne als Kameramann arbeiten. Was muss ein Kameramann unbedingt beherrschen?

Antwort: Das Wichtigste ist die Liebe zum Beruf, man muss es wirklich wollen und zu 100 Prozent dahinter stehen. Ich glaube, Kameramann ist kein Beruf, den jemand ausüben sollte, der seinen 8-Stunden-Tag haben will und pünktlich nach dem Prinzip Stechuhr die Kamera "fallen lässt" und dann Freizeit haben möchte.
Dann sollte man sich überlegen, in welche Richtung man gehen möchte. Hier gibt es beispielsweise die Richtung für Spielfilme, Studioproduktionen oder Sport oder ... also Kameraleute, die größtenteils auf Anweisung des Regisseurs arbeiten. Hier empfiehlt sich ein richtiges Studium. Es gibt dazu im Gegensatz (oder als Ergänzung) die Kategorie der EB-Kameraleute (EB = Elektronische Berichterstattung). Hier ist ein Studium auch nicht verkehrt, aber man kann auch als Quereinsteiger erfolgreich sein (das geht natürlich auch in der ersten Kategorie). Diese Kameraleute sind immer unterwegs und müssen sich schnell und flexibel auf sich ständig ändernde Situationen einstellen. Das gilt Sommer wie Winter, egal ob bei Regen oder Schnee. Macht aber auch Spass und man lernt täglich etwas mehr die Welt kennen.
Grundlegend sollte ein Kameramann mit der aktuellen Technik vertraut sein, Bildgestaltung beherrschen, sich etwas in Farb- und Formenlehre auskennen, sich mit Lichtgestaltung beschäftigen und diese Sachen kombinieren. Einerseits sind es Techniken, die man erlernen kann, aber es sind auch persönliche Einflüsse und Sichtweisen, die in ein Werk einfließen. Jeder Kameramann ist auch irgendwo ein Künstler und hat seine Handschrift.
Wenn junge Leute interessiert sind und schon einige Grunderfahrungen mitbringen, so können sie sich gern bei uns melden. Mein Kollege von „TVnews Hessen“ und ich können helfen, im Nachrichtenbereich einen Einstieg in diesen Beruf zu finden. Gerade für „Hit-TV.eu“ suchen wir Leute, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Nachrichtenbereich tätig sein wollen. Wir würden eine Grundschulung und die ständige Betreuung übernehmen und könnten das Material, welches produziert wird, auch gegenüber den Sendern zusätzlich vermarkten.

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Hit-TV1

Frage: Bei jeder Arbeit gibt es Freuden und Leiden. Was macht Ihnen als Kameramann viel Spaß und was bereitet Ihnen Ärger?

Antwort: Im Großen und Ganzen überwiegen die Freuden des Berufs, wenn man freundlich empfangen wird und der Dreh reibungslos abläuft. Es ist wie überall, wenn man ein Lob über einen Beitrag oder eine Sendung hört, freut man sich. Neulich kam jemand bei einem Dreh auf mich zu und sagte "Öh - Hit-TV – Geil! – Ich bin Euer größter Fan!" So etwas schmeichelt einem schon.
Man lernt so viele neue Sachen kennen, wo man als "Normalmensch“ nie hinkommen würde. Das möchte ich nicht missen. Es gibt so viel zu entdecken und täglich kommt neues dazu. Ich habe durch diesen Job schon sehr viel gelernt, über Menschen und über ihr Umfeld und es ist immer wieder faszinierend. Jeder Tag ist ein Abenteuer, da man meist nicht weiß, was einen erwartet.
Ärgerliche Situationen gibt es natürlich auch, vor allem wenn man auf Bürokratie stößt oder auf Leute, die mit dem Thema Medien nicht umgehen können. Bei manchen Sachen wird man auch schon mal angepöbelt. Besonders schlimm empfinde ich es, wenn es z. B. Gaffer bei Unfällen sind, die dann irgendwelche Bemerkungen machen. "Paparazzi" ist da oftmals nur die mildeste Form der Sachen, die man sich anhören muss. Bei uns ist die Arbeit mit Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften abgestimmt und wir behindern die notwendigen Arbeiten nicht, wie gerade jene, die am sich oftmals am Lautesten bemerkbar machen. Als Chronist unserer Zeit sind wir, Kameramänner und Reporter, Auge und Ohr von Tausenden. Das verstehen viele leider in solchen Situationen nicht.
Es gibt aber auch Situationen, die sind sehr emotional und es stehen mir selbst die Tränen in den Augen hinter der Kamera. Das war beispielsweise an dem Wochenende so, als ich für die ARD-Sondersendung als einer von fünf Kameraleuten zum Thema „Amoklauf von Erfurt“ unterwegs war. Es war eine gespenstische Situation, die ich nie vergessen werde und schon bei dem Gedanken an damals, bekomme ich Gänsehaut.

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Frage: Wer kann Ihre honorarpflichtigen Dienste als Kameramann in Anspruch nehmen?

Antwort: Vom Grundsatz her jeder, der das Honorar bezahlt. Es ist jedoch so, dass ich bestimmte Sachen auch nicht mache. Beispielsweise für Hochzeiten und Familienfeiern bin ich nicht zu begeistern. Für einen Spielfilm bin ich wahrscheinlich nicht gut genug ausgebildet. Am liebsten und da fühle ich mich wohl, arbeite ich als EB-Kameramann für das Fernsehen, vor allem, wenn es darum geht, schnell zu sein und das sind nun mal die Nachrichten. Für eine Nachricht kann ich alles stehen und liegen lassen. Innerhalb von fünf Minuten kann ich im Auto sein.

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Frage: Kann man bei „Hit-TV“ Filmbeiträge oder Videoclips, die von Ihnen gedreht wurden, bewundern?

Antwort: Nicht nur bei „Hit-TV“. Da sind alle Beiträge, wo „Medienservice Lohs“ drunter steht, von mir gedreht und geschnitten. Es laufen aber auch immer wieder Bilder von mir bei MDR, ARD, ZDF, RTL, N24, Sat1, Pro7 usw. - Gute Nachrichten sind gefragt und wenn man sie als Bewegtbild hat und diese auch professionell umgesetzt sind, werden sie von den Sendern gern gekauft.

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Heiko Richter ist bei der Firma „Medienservice Lohs“ einer der Macher von „Hit-TV“, Portal für Internetfernsehen. „Hit-TV“ zeigt in momentan 11 eigenen Kanälen gute Unterhaltung und interessante Informationen und präsentiert unter anderem eine sehr nützliche „Virtuelle Fernbedienung“, mit deren Hilfe man zahlreiche deutschsprachige Internetfernsehsender anwählen kann.

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FernsehenimInternet

Die Fragen stellte Ernst Probst, Betreiber des Weblogs „Internetfernsehen von A bis Z“, http://internetfernsehen-von-a-z.blogspot.com

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